Auf dieser Sondersitzung am 14. Juli gab es nur einen Punkt auf der Tagesordnung: Vollzug des Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes – Beratung Sanierungsziele, -satzung, gemeindliche Fördermaßnahmen.

Die Sitzung wurde extra auf 19 Uhr vorverlegt, weil der mit eineinhalb Stunden angesetzte Vortrag plus anschließender Diskussion eine längere Sitzung erwarten ließ.

Den Vortrag hielten Ilka Siebeneicher und Werner Dehm von der Bürogemeinschaft für Ortsplanung und Stadtentwicklung kurz OPLA aus Augsburg. OPLA begleitete bereits die vorbereitenden Untersuchungen für das Interkommunale städtebauliche Entwicklungskonzept (IKEK) aus dem unter anderem das Bürgergremium Finning hervorgegangen ist.

Ilka Siebeneicher präsentierte den planerischen Teil, während Werner Dehm Details zum Sanierungsrecht erläuterte.

Alle erörterten Details würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen, daher konzentriere ich mich auf die aus meiner Sicht wesentlichen Punkte.

Ilka Siebeneicher verwies auf die besondere, privilegierte Situation von Finning. Die Bevölkerung sei relativ jung und durch die Nähe zu München und die attraktive Lage in der Nähe des Ammersees sei Finning ein begehrter Wohnort. Es gibt zahlreiche Beispiele von alten Höfen, die von Auswärtigen gekauft und vorbildlich saniert wurden. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Fälle von Neubauten, auch in den besonders schützenswerten Ortskernen, die wenig oder gar keine ortsbildtypischen Merkmale mehr aufweisen. Hier wäre eine Sanierungssatzung ein wichtiges Instrument entsprechende Anreize zu schaffen um Bausünden, die das Ortsbild negativ beeinträchtigen, zu verhindern.

Die Gemeinde bestimmt dabei das Sanierungsgebiet und die Satzung.

Herr Dehm erläuterte dazu drei Umsetzungsmöglichkeiten:

1. 142 BauGB – Einfache Sanierungssatzung
Diese besteht im Wesentlichen aus folgenden Komponenten:

  • Private Abschreibung. Es können in 12 Jahren 100% der Sanierungskosten steuerlich geltend gemacht werden, insofern die Baumaßnahmen mit dem Sanierungskonzept der Gemeinde konform gehen.
  • Vorkaufsrecht für Grundstücke für die Gemeinde.
  • Förderung durch kommunales Förderprogramm für den Fall, dass die Gemeinde ein solches auflegt.

2. 144 Abs.1 BauGB – Genehmigungspflichtige Vorhaben
Hier handelt es sich um eine verschärfte Form, bei der die Gemeinde Bauvorhaben innerhalb des Sanierungsgebietes sanierungsrechtlich genehmigen muss. Zu diesem Punkt äußerte sich Beate Moser kritisch, da dies ein schwerwiegender Eingriff ins Eigentum wäre. Franz Boos verwies darauf, dass ohne solche Restriktionen weitere Bausünden im Ort nicht zu vermeiden wären. Rainer Tief schlug vor, Bauwerbern eine kostenlose Architektenberatung anzubieten. Diese wäre laut Werner Dehm zu 60% förderungsfähig.

3. 144 Abs.2 BauGB – Genehmigungspflichtige Vorhaben
Hierbei handelt es sich um eine verschärfte Form von Abs. 1, bei dem laut Werner Dehm sehr stark ins Privatrecht wie Eintrag ins Grundbuch oder Gebührenerhebung bei sanierungsbedingter Wertsteigerung eingegriffen wird. Daher würde er von einer Anwendung abraten, es sei denn, es gibt spezielle Konfliktfälle im Ort, denen nicht anders beizukommen wäre.

Prinzipiell handelt es sich laut Herrn Dehm um ein Anreizsystem, bei dem es keine Dogmen geben würde. Außerdem könne eine Sanierungssatzung jederzeit geändert werden, falls Anpassungen für nötig erachtet werden.

Ilka Siebeneicher stellte dann noch die Sanierungsgebiete vor, die OPLA für die Gemeinde Finning herausgearbeitet hat:

  • Für die historischen Ortskerne von Ober- und Unterfinning würden sie ein Sanierungsgebiet nach § 144 Abs.1 vorschlagen.
  • Für den zentralen Bereich der Windach würde sie ein Gebiet nach der einfachen Sanierungssatzung § 142 BauGB vorschlagen, um sich hier Vorkaufsrechte an Grundstücken zu sichern, die für mögliche Fußwegverbindungen in ostwestlicher Richtung wie auch in nordsüdlicher Richtung entlang der Windach denkbar wären. Auch ein Wassertretbecken an der Windach wäre vorstellbar.
  • Für Entraching könnte der Bereich um den ehemaligen Gasthof nach der einfachen Sanierungssatzung gefasst werden. Ein größeres Areal ist in Entraching nicht möglich, da der Ortskern zu klein für dieses Förderprogramm ist. Hier wäre das Programm zur Dorferneuerung eine Fördermöglichkeit.

Die Leitziele der Sanierungsgebiete wären

  • Bewahrung des Siedlungscharakters als lebendiges Dorf mit Gewerbe und Infrastruktur innerorts und Verhinderung zur Transformation zu einem reinen Wohndorf.
  • Erhalt der typisch zweigeschoßigen Hofstellen mit steilem Satteldach.
  • Sicherung ortsbildtypischer Bäume und Grünflächen.
  • Erhalt und Förderung von Bauerngärten und ortstypischen Zäunen.

Nach der umfangreichen Präsentation schlug Franz Boos vor, dass der Gemeinderat nach Studium der Unterlagen eine Ortsbegehung machen sollte. Frau Siebeneicher würde hierfür zur Verfügung stehen. Manfred Gläserke fragte nach, ob es eine Liste mit Gemeinden aus der näheren Umgebung gibt, die bereits Erfahrung mit Sanierungsgebieten gemacht haben, um sich bei diesen informieren zu können. Herr Dehm versicherte, dass OPLA eine solche Liste bereitstellen könnte.

Rainer Tief wollte wissen, ob bei der Verwaltungsgemeinschaft Windach ein erhöhter Verwaltungsaufwand nach der Festlegung von Sanierungsgebieten seitens der Gemeinde entstehen würde. Frau Lang bejahte dies und fügte hinzu, dass hier auch personelle Auswirkungen zu erwarten seien.

Ein weiterer Schritt nach Festlegung eines Sanierungsgebietes wäre laut Werner Dehm die Einbeziehung der betroffenen Besitzer. Diese würden zu einer Infoveranstaltung eingeladen, sobald das coronabedingt möglich ist.

Manfred Gläserke fordert, dass man erst einmal grundsätzlich darüber abstimmen sollte, ob man ein Sanierungsgebiet möchte oder nicht, bevor man weitere Schritte geht.

Auf die Frage von Fritz Ostner, wer OPLA momentan bezahlt, antwortet Herr Dehm, dass es dafür ein Budget von der Regierung von Oberbayern gibt.

Franz Boos bemerkte, dass sich die alten Hofstellen mit ihrer großen Kubatur ideal für den Einbau von Wohnungen eignen würden. Werner Dehm ergänzte, dass eine Evaluierung der bisherigen Maßnahmen seitens der Regierung ergeben hat, dass pro einem Euro Förderung sechs bis sieben Euro private Investitionen getätigt wurden. Somit ist das Programm auch als eine Art Wirtschaftsförderung zu sehen.