Im öffentlichen Teil der Bauausschusssitzung am 12. Januar 2023 gab es nur einen Tagesordnungspunkt: Besprechung eines Rahmenplans für Entraching. Der Bürgermeister erläuterte, dass man mit dem geplanten Rahmenplan gewissen Bauvorhaben Einhalt gebieten wolle. Da das Ganze eine Gratwanderung sei, habe die Gemeinde auch rechtliche Beratung hinzugezogen. Man müsse auch auf Sanierung an bestehenden Gebäuden und auf genehmigte Bauvorhaben Rücksicht nehmen. Der Anlass für diesen Schritt war ein mittlerweile wieder zurückgezogener Bauantrag für zwei Mehrfamilienhäuser, die laut Bürgermeister jeweils 27 Meter lang geplant waren. Er wolle wissen, was er den Bauwerbern sagen soll. Im Vorfeld waren folgende Punkte in die Erwägungen mit einbezogen worden:

  • Erweiterung Ortsabrundungssatzung
  • Bauleitplanung
  • Veränderungssperre
  • Rechtliche Konsequenzen bei Wegnahme von Baurecht

Für das oben genannte Bauvorhaben formulierte der Gemeinderat folgenden Umsetzungsrahmen:

  • Struktur der bestehenden Bebauung sollte beibehalten werden
  • Sechs Wohneinheiten bei zwei Wohngebäuden
  • Gebäudeausrichtung in Ost-West Richtung
  • Gebäudelänge ca. 20 Meter
  • Eventuell unterschiedliche Größen der Gebäude
  • Stellplätze in Tiefgarage

Anstatt einer sofortigen Veränderungssperre und Aufstellung eines Bebauungsplans entschied sich der Gemeinderat für die Aufstellung eines Rahmenplans, erstmal nur für Entraching. Der Planungsverband äußerer Wirtschaftsraum München wurde um Vorlage eines entsprechenden Angebots gebeten.

Matthias Goetz vom Planungsverband stellte anhand einer Präsentation die Merkmale eines Rahmenplans dar. Eingangs wies er darauf hin, dass ein Rahmenplan „alles oder nix“ sein kann. Ziel und Zweck müsse klar definiert sein. Er definierte drei mögliche Ziele:

  • Weiterentwicklung eines Dorfes
  • Einsparung von Flächen
  • Ortsbildverträgliche Bebauung

Er betonte, dass ein Rahmenplan informell sei. Es gebe keine Verfahrensvorschriften. Der Gemeinderat bestimme Inhalte und Schwerpunkte. Es gehe um den Prozess einer gemeindlichen Willensbildung, losgelöst von Einzelentscheidungen, an dessen Ende ein gemeindliche Konsens formuliert und in einem Bebauungsplan festgesetzt werden kann.

Folgende Fragen könnten beispielsweise erörtert werden: Was macht einen Ort besonders? Wie kann man die Eigenart eines Ortes bewahren? Was im Detail prägt einen Ort?

  • Dachform
  • Gauben
  • Gebäudeform
  • Gebäudegrößen
  • Anteil unversiegelter Flächen
  • Prägende Grünflächen und Bäume
  • Wegeverbindungen
  • öffentliche Flächen (Treffpunkte)
  • Verträglichkeit von Landwirtschaft und Wohnen
  • Soziale Infrastruktur

Ein Rahmenplan kann Planungs- und Entscheidungsgrundlage für Bauvorhaben, Hilfestellung und Leitfaden für Bauherren, oder Grundlage für gemeindliche Satzungen sein. Es gebe aber auch Grenzen. So sei ein Rahmenplan für Eigentümer nicht verbindlich. Es ist eher als informelles Planungswerkzeug zu sehen. Bestehendes Baurecht muss beachtet werden. Wenn der Rahmenplan Grundlage für verbindliche Bauleitplanung sein soll, muss nach Gemeinsamkeiten gesucht werden. Die sind im Ergebnis oft stark beschränkt, wie zum Beispiel eine Eingrenzung auf Satteldächer.

Auch sollte man die Historie und die bisherigen Entwicklungen bis zur Gegenwart berücksichtigen, so Goetz. So stehe im Flächennutzungsplan, dass Entraching ein durch landwirtschaftliche Betriebe geprägter Ort sei. Wichtigstes Gestaltungselement sind das Windachtal und die Lage Entrachings auf einer Anhöhe. Die Erhaltung der Dorfränder wird als eines der Ziele definiert und ausdrücklich der Blick von Norden auf Entraching erwähnt. Auch gebe es Bebauungspläne und Satzungen für Entraching, in denen zum Beispiel eine Mindestgröße für Baugrundstücke von 600 m² und eine Eingrünung am Ortsrand festgesetzt ist. Es gebe auch einige Restriktionen, die es zu beachten gilt:

  • Wasserschutzgebiet
  • Biotope
  • Landschaftsschutzgebiet
  • FFH-Gebiet entlang der Windach
  • Baudenkmäler

Eine weitere Frage, die erörtert werden muss, ist: „Wie soll sich die Einwohnerzahl entwickeln?“. Das ist deshalb wichtig, da die Gemeinde verpflichtet ist, entsprechende Kapazitäten bei der Infrastruktur wie Wasserversorgung, Feuerwehr, Kindergartenplätze oder Schule bereitzustellen. Finning sei in den letzten zehn Jahren um 343 auf 1.973 Bewohner angewachsen. Das bedeutet ein Wachstum von 21%. Das liege deutlich über dem Landkreisdurchschnitt von 7%. Die Prognose für 2033 liegt bei 2.310 Einwohnern. Entraching sei im gleichen Zeitraum um 9% auf 259 angewachsen, was einer Steigerung von 9% entspricht. Die Prognose für 2033 liegt bei 284 Einwohnern.

Der Wohnraum in Finning wird momentan schwerpunktmäßig durch Einfamilienhäuser abgebildet. Es gibt eine Zunahme von Mehrfamilienhäusern mit drei oder mehr Wohnungen. Verfügbarkeit von kleineren Wohneinheiten sei auch wichtig, um zum Beispiel einen Wegzug von jungen Leuten zu verhindern, die von zu Hause ausziehen möchten, sich aber kein Einfamilienhaus leisten können. Derzeit gibt es 841 Wohnungen in Finning, davon 462 Einfamilienhäuser, 258 Wohnungen in Gebäuden mit zwei Wohnungen und 121 Wohnungen in Häusern mit drei oder mehr Wohnungen. Im Durchschnitt belegt ein Einwohner 53 m² Wohnfläche. Pro Wohnung leben durchschnittlich 2,35 Personen. Einfamilienhäuser haben im Mittel 140 m², Doppelhaushälften 100 m² und Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 80 m² Wohnfläche.

Am Ende der Präsentation zeigte Matthias Goetz noch einige Beispiele von den Gemeinden Eichenau, Altkaufering und Langendorf, die einen Rahmenplan umgesetzt haben. Etwas detaillierter ging er auf Altkaufering ein, das von der Dorfstruktur am ehesten mit Entraching vergleichbar ist. Dort sei lange diskutiert und viel Zeit in den Rahmenplan investiert worden. Die daraus resultierenden Bebauungspläne wurden dann aber recht schnell umgesetzt, da die Gemeinde dann genau wusste, was sie wollte.

Eine Stimme aus dem Gemeinderat fragte, wie denn das weitere Vorgehen sei. Goetz antwortete, dass der Gemeinderat seine Wünsche konkretisieren müsse und der Planungsverband äußerer Wirtschaftsraum München daraufhin ein Angebot erstellen könne. Ein Mitglied aus dem Gremium fragte, was mit den Ergebnissen von OPLA für ein Sanierungsgebiet sei. Der Bürgermeister antwortete, dass in Entraching das einzige Grundstück, für das ein Sanierungsgebiet angedacht war, dasjenige war, auf dem der ehemalige Gasthof Braun steht. Detailliert nachzulesen im Artikel Sanierungsgebiete in Finning vom 15. Juli 2020. Auszug: „Für Entraching könnte der Bereich um den ehemaligen Gasthof nach der einfachen Sanierungssatzung gefasst werden.“

Anmerkung des Autors: das ist zufällig genau das Grundstück, auf dem das eingangs erwähnte Bauvorhaben geplant war, das die Diskussion um den Rahmenplan ausgelöst hatte. 

Der Bürgermeister schlug vor, dass eine Analyse der Ist-Situation gemacht werden sollte. Dem entgegnete ein Mitglied aus dem Gremium, dass die Richtung bereits vorgegeben sei. Eine weitere Stimme aus dem Gemeinderat wies darauf hin, dass man etwas bräuchte, das man den Bauwerbern in die Hand geben kann. Ein Mitglied aus dem Gemeinderat wollte wissen, wie hoch die Kosten für ein Rahmenplan seien. Das könne er spontan nicht sagen, da müsse man erst die genauen Anforderungen haben, antwortete Goetz. Eine Stimme aus dem Bauausschuss fragte nach einem Zeithorizont, bis wann ein Rahmenplan fertig sein könnte. Zur Analyse der Dorfstruktur sollte man bis zum Frühjahr warten, da auch die Begrünung Bestandteil der Erhebung sei, sagte Goetz. Bis Mitte des Jahres könnte der PV den Plan dem Gemeinderat zur Diskussion vorlegen. Ein weiteres Mitglied aus dem Gremium fragte, ob man Bauplätze für künftige Generationen berücksichtigen könnte. Goetz antwortete, dass die demografischen Daten vorhanden seien. Er verwies nochmal auf den bereits oben genannten Bedarf an kleineren Wohnungen. Eine weitere Stimme aus dem Bauausschuss stellte die Frage, wer sich das leisten kann. Goetz entgegnete, dass Wohnraum bei den derzeitigen Teuerungsraten nicht billiger wird, auch bei industrieller Fertigung. Er stellte die Frage in den Raum, dass man sich Gedanken machen sollte, was mit den aufgegebenen Höfen passieren soll und ob man vornehmlich Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften oder Mehrfamilienhäuser haben wolle.

Am Ende beschloss der Bauausschuss einstimmig, dem Gemeinderat die Aufstellung eines bedarfsgerechten Rahmenplans für Entraching zu empfehlen.