Unser Finninger Trinkwasser

„Unser Finninger Trinkwasser – woher kommt es, wie gut ist es und wie wird es geschützt?“ – darüber hat Hydrogeologe Dr. Stefan Hülmeyer am 20. Februar einen Vortrag im Staudenwirt gehalten. Wasser ist Leben und für uns ist es mittlerweile ganz normal, dass sauberes Wasser permanent verfügbar ist und immer, wenn wir es brauchen, aus der Leitung fließt. Das war und ist nicht immer und überall in Deutschland selbstverständlich und schon gar nicht in anderen Regionen der Welt. Wie sehr wir das Wasser brauchen, merken wir erst, wenn es mal eine Stunde nicht fließt, wie das im vergangenen Sommer in Finning der Fall war.

Der Vortrag von Stefan Hülmeyer ist auf großes Interesse gestoßen, etwa 120 Zuhörer sind in den Staudenwirt gekommen. Die gute Nachricht: Unser Trinkwasser ist einwandfrei. Wie angekündigt, können Sie die Präsentation hier herunterladen und sich die einzelnen Folien, die in den hinteren Reihen nicht alle gut sichtbar waren, nochmals anschauen. Während des Vortrags und danach an den Tischen wurden Fragen zu folgenden Themenkomplexen gestellt, die Stefan Hülmeyer hier beantwortet:

Antibiotika im Grundwasser

Grundwasserproben werden nicht standardmäßig auf Antibiotika getestet. Das Umweltbundesamt hat jedoch 2016 die Einführung eines Schwellenwertes von 100 ng/l (Nanogramm/Liter) empfohlen; dies ist bislang nicht erfolgt. Die Einführung eines Schwellenwertes würde zu regelmäßigen Untersuchungen führen und Eintragsursachen würden systematisch festgestellt werden.

Generell sind Eintragsquellen aus der Humanmedizin (HM) und aus der Tiermedizin (TM) zu unterscheiden.
Folgende Eintragspfade sind möglich:

  • Kleinkläranlagen von Einzelanwesen im Einzugsbereich der Trinkwasserfassung, die nicht an die Abwasserkanalisation angeschlossen sind (HM)
  • Eintrag in den Untergrund aus undichter Kanalisation im Siedlungsbereich (HM)
  • Ausbringen von Klärschlamm als Wirtschaftsdünger (HM)
  • Ausbringen von Gülle mit Antibiotika aus der Tiermedizin; an den Viehbestand verabreichte Antibiotika werden zum Großteil wieder ausgeschieden (TM).

Im Falle der Trinkwassergewinnung aus Uferfiltrat eines Flusses ist auch der direkte Eintrag aus dem Flusswasser denkbar.

Bezogen auf unsere Trinkwasserversorgung ist festzustellen, dass in der gesamten Schutzzone II und III das Ausbringen von Klärschlamm verboten ist. Das Ausbringen von Gülle ist in der Schutzzone II vollständig verboten und in der Schutzzone III verboten auf Brachland, abgeernteten Feldern, auf Grünland zwischen 1. November und 15. Februar und auf Ackerland zwischen 15. Oktober und 15. Februar.

Weder innerhalb noch im weiter entfernten Zustrom außerhalb der Schutzzone befinden sich im Einzugsgebiet unserer Trinkwasserfassung relevante Siedlungsgebiete, die einen Eintrag in den Untergrund verursachen könnten.

Glyphosat in der Schutzzone II / Metabolit von Glyphosat

Es besteht kein Anwendungsverbot von Pflanzenschutzmitteln (PSM) in Schutzgebieten. Das Bundesumweltministerium (BMU) hält es für möglich und erforderlich, entsprechende Beschränkungen in die Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung aufzunehmen. Derzeit gibt es nur für bestimmte (wenige) Wasserschutzgebiete Anwendungsbeschränkungen. Vorraussetzung hierfür ist, dass mindestens ein nicht relevanter Metabolit eines PSM im Grundwasser festgestellt wurde. Dies ist bei unserem Trinkwasser nicht der Fall.

Wichtigster Metabolit von Glyphosat ist Aminomethylphosphonsäure (AMPA). Die aktuelle Untersuchungsliste des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 18. November 2019 enthält diesen Parameter nicht.

Labor für Wasseranalysen

Wer Trinkwasser auf Parameter analysieren lassen möchte, die nicht standardmäßig gemäß Trinkwasserverordnung bzw. Eigenüberwachungsverordnung (EÜV) analysiert werden (siehe Analysen auf www.finning.de/Untersuchungsergebnisse.n279.html), kann sich an ein zertifiziertes Labor wenden. Im näheren Umkreis ist dies beispielsweise das Labor Agrolab, Moosstraße 6A, 82279 Eching am Ammersee, Tel. 08143-7901.

Keimbefunde in umliegenden Gemeinden 2019

Im Trinkwasserverbund „Pöringer Gruppe“ (Gemeinden Pürgen, Schwifting, Penzing und Weil) wurden an zwei Stellen im Juni 2019 coliforme Keime festgestellt. Die Eintragsursache sollte damals untersucht werden. Ein veröffentlichtes Ergebnis konnte ich nicht recherchieren. Generell kann eine Eintragsursache durch Oberflächeneintrag innerhalb der Schutzzone II (50-Tages-Fließzeitentfernung) gesucht werden. Falls dies ausgeschlossen werden kann, kann die Ursache auch innerhalb des Leitungsnetzes liegen (Stauwasser oder Verunreinigungen) und durch Desinfektion des Brunnens, Hochbehälters und Leitungsnetzes beseitigt werden.

Mikrobiologische Analysen werden standardmäßig bei allen Volluntersuchungen (alle fünf Jahre, inkl. Pflanzenschutzmittel) und Kurzuntersuchungen (jährlich) durchgeführt.

Kapillarer Aufstieg

Das im Vortrag verwendete Schemabild des hydrologischen Kreislaufs stellt den kapillaren Aufstieg in deutlich überzeichnetem Ausmaß dar. Die Aufstiegshöhe ist abhängig vom Kapillarradius und liegt bei 1 mm Radius bei rd. 1,5 cm und bei 10 µm Radius bei rd. 1,5 m.

Pumpensteuerung

Nach meiner Kenntnis liegt die maximale Pumpenleistung unseres Brunnens bei rd. 10 l/s (Liter/Sekunde). Nach dem Pumpendefekt 2018 wurde eine neue Pumpe eingebaut, deren genaue Leistung ich nicht kenne. Bei einem angenommenen mittleren Tagesverbrauch von rd. 400 m³/d ist damit eine Förderdauer von rd. 11 Stunden erforderlich. Diese Förderung in den Hochbehälter kann nachts über (i. d. R. billigeren) Nachtstrom erfolgen. Aufgrund der niedrigen Grundwasserstände musste die Pumpenleistung (nach meiner Kenntnis) auf rd. 6–7 l/s reduziert werden, um ein Trockenfallen der Pumpe zu verhindern. Damit ist für einen Bedarf von 400 m³/d eine Förderdauer von rd. 17 Stunden erforderlich.

Erfordernis zweite Wasserversorgung

Mir liegen keine Daten über die Grundwsserstandsentwicklung an den Messstellen und am Brunnen vor. Mir ist nur die allgemeine Aussage des Bürgermeisters während einer Gemeinderatssitzung im Herbst 2019 über das Absinken des Grundwasserstandes bekannt, weshalb die Förderrate der Pumpe reduziert werden musste. Ich habe keine konkreten Daten zu den aktuellen Wasserverlusten und zum aktuellen Jahresverbrauch und kann daher keine Prognose über die mittelfristige Einhaltung der genehmigten Entnahmemengen geben.

Unabhängig von der aktuellen Grundwasserstandssituation existiert eine Handlungsempfehlung des Landesamtes für Umwelt (LfU) hinsichtlich der Sicherstellung einer quantitativ und qualitativ einwandfreien Trinkwasserversorgung durch die Schaffung einer zweiten, unabhängigen Versorgung („zweites Standbein“).

Landwirtschaftliche Nutzung im Trinkwasserschutzgebiet

Generell ist eine landwirtschaftliche Nutzung im Trinkwasserschutzgebiet zulässig. Die einzuhaltenden Auflagen sind im § 3 der Schutzgebietsverordnung aufgeführt. Diese Auflagen verhindern allerdings in der Schutzzone II Beweidung, Düngung, Beregnung, Herstellung von Dränen etc., so dass dies in der Realität einem Verbot der landwirtschftlichen Nutzung in der Zone II gleichkommt.

Brunnen im Schöffeldinger Wald

Die Gemeinde Windach untersucht derzeit das Einzugsgebiet eines geplanten Brunnens im Schöffeldinger Wald. Nach derzeitigem Stand wäre diese Versorgung nur für die Gemeinde Windach und ggfs. Eresing geplant.

Nitrat im Gemüse

Wie im Vortrag bereits deutlich erwähnt, sollte die vergleichende Darstellung der Nitratgehalte im Gemüse und im Grundwasser keineswegs die Tatsache des anthropogenen (also durch den Menschen verursachten) Eintrags von Nitrat ins Grundwasser verharmlosen. Ebensowenig sollte dies die in die Luft abgegebene Nitrat-, Stickstoff- bzw. Stickoxidbelastung durch Umweltverschmutzung und Landwirtschaft unterbewerten. Es sollte jedoch einen Vergleich ermöglichen, auf welche Art und Weise und in welchen Mengen täglich Nitrat aufgenommen wird und wie – wenn gewünscht – eine Reduzierung der persönlichen Aufnahme erreicht werden kann.

Eine individuelle Bewertung möglicher Gefahren für die Gesundheit und persönliche Konsequenzen für die Nahrungszusammenstellung muss jede und jeder selbst auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse treffen.

Ergänzend ist festzustellen, dass Biogemüse generell geringere Nitratgehalte aufweist, ebenso ist das bei Sommergemüse bzw. -salaten der Fall, da Sonnenlicht Nitrat in den Blättern in Proteine umwandelt.

Bodenuntersuchungen

Bodenuntersuchungen werden im Rahmen der Trinkwasseranalysen der Trinkwasserverordnung oder der EÜV (Verordnung zur Eigenüberwachung von Wasserversorgungs- und Abwasseranlagen
(Eigenüberwachungsverordnung) nicht durchgeführt. Der Fokus wird dabei ausschließlich auf die Qualität des Grundwassers gelegt. Sollte also im Boden ggfs. inertes (lateinisch für „untätig, unbeteiligt, träge“) Material abgelagert sein, das keine Auswaschung von Schadstoffen in das Sickerwasser verursacht, dann ist das für die Trinkwasserqualität nicht relevant. Es steht nicht in einem vernünftigen Kosten/Nutzen-Verhältnis, hunderte Bodenproben jährlich analysieren zu müssen und dann trotzdem keine Sicherheit darüber zu haben, eine punktuelle Schadstoffquelle über das Probenraster zu finden. Weiterhin würde die Reinigungswirkung in der Bodenpassage bei der Versickerung bis hin zum Grundwasser dabei nicht berücksichtigt. Es würde also u. U. mit enormem Probenaufwand etwas im Oberboden analysiert, was niemals im Grundwasser ankommt, weil es vorher abgebaut oder adsorbiert wurde. Ein Nutzen bezöge sich also nur auf das (zufällige) Auffinden einer Quelle von persistenten (also nicht abbaubaren), jedoch auswaschbaren Schadstoffen im Boden. Diese würden dann etwas früher im Boden als im Grundwasserstrom nachgewiesen werden.

Es ist allerdings auch nicht möglich (bzw. nicht wirtschaftlich darstellbar), ein ausreichend dichtes Bodenprobenraster über ein gesamtes Trinkwassereinzugsgebiet zu legen mit beispielsweise einer Probe pro 100 m² (= 100 Proben pro km² und Jahr). Selbst bei einem derartig dichten Raster könnte eine punktuelle Schadstoffquelle auch nicht erfasst werden.

Es werden turnusmäßige Wasseruntersuchungen an den Entnahmestellen (Brunnen) durchgeführt. Um ggfs. einen Überblick über das gesamte Einzugsgebiet zu bekommen und bei vorliegenden Verdachtsmomenten bereits im weiteren Zustrom (also zeitlich lange vor der Ankunft am Brunnen) bestimmte Inhaltsstoffe zu analysieren, können auch Grundwassermessstellen im Einzugsgebiet beprobt werden.
Anmerkung: Im Gegensatz hierzu werden beispielsweise im Rahmen der Beweissicherung bei Kiesgruben mit Wiederverfüllung zusätzlich zum Grundwasser auch Bodenproben analysiert.

Stefan Hülmeyer steht für weitere Fragen gern zur Verfügung:

Der Vortrag zum Download:

Unser Finninger Trinkwasser

Präsentation von Stefan Hülmeyer am 20. Februar 2020 (PDF, 4,71 MB)