Der Finninger Gemeinderat tagte am 26.5. zum zweiten Mal in der neuen Ratsperiode 2020-2026.

Zugegeben, ganz so spannend wie bei der konstituierenden Sitzung vor knapp drei Wochen war es dieses Mal nicht mehr. Hatten sich doch dort die – echten oder vermeintlichen – Kontrahenten das erste Mal beschnuppert und ein bisschen die Muskeln spielen lassen. Auf der einen Seite der Block der acht Gemeinderäte von den etablierten Wahllisten „Dorfgemeinschaft Oberfinning“, „Ortsteil Unterfinning“ und „Wahlgemeinschaft Entraching“ plus Bürgermeister Siegfried Weißenbach. Auf der anderen Seite die vier von „Die Finntrachinger“. [Anm.: Um es kürzer zu machen, beziehe ich mich ab hier auf die „GroKo“ (=OFI + UFI + ENT) und die „Opposition“. Ich weiß, ich weiß, das ist eine Vereinfachung. Aber irgendwie halt griffig, und vielleicht doch nicht so ganz daneben.]

Auch in der zweiten GR-Sitzung gab es aber durchaus ein paar Schmankerl.

TOP 8 (vorgezogen vor TOP 4) – Zukünftige Erschließung von Baugebieten – Kostenübernahme der sog. „überschießenden Kosten“ durch die jeweilige Gemeinde

Es ist seit Jahrzehnten gelebte Praxis, dass man die Erschließungskosten für das Abwasser in Neubaugebieten kalkulatorisch auf alle Grundstücke einer Gemeinde umlegt, tatsächlich dann aber nur die im jeweiligen Neubaugebiet gelegenen Grundstücke mit entsprechenden Beiträgen belastet. Den Rest, die so genannten „überschießenden Kosten“, lässt man durch die Bürger aller angeschlossenen Gemeinden über Zuschläge auf die Abwassergebühren abstottern. Klingt zunächst harmlos, ist es aber nicht wirklich. Denn die Erschließung eines Neubaugebiets kostet oft siebenstellige Beträge. Es handelt sich also um einen ordentlichen Kostenblock, der da vergemeinschaftet wird.

Der als Gast anwesende Herr Schmid von den Ammerseewerken erklärte das anschaulich und fügte hinzu, dass die daraus entstehenden Ungleichbehandlungen sich in der Vergangenheit über längere Zeiträume ausgeglichen haben, im Sinne einer Art Solidarpakt zwischen den Gemeinden. Allerdings gibt es zunehmend den Fall, dass Neubaugebiete durch externe (also nicht der Solidargemeinschaft angehörende) Träger bzw. Investoren erschlossen werden. Die streichen dann u.U. den Gewinn ein, ohne sich angemessen an den Erschließungskosten zu beteiligen.

Der Bayerische Gemeindetag sieht daher Reformbedarf. Den wollen die Ammerseewerke umsetzen, indem sie zukünftig mit ins Boot genommen werden, wenn im Rahmen eines Bebauungsplans eine Gemeinde mit externen Erschließungsträgern zusammenarbeitet. Heißt im Klartext: Die Ammerseewerke wollen zukünftig Vertragspartner beim städtebaulichen Vertrag werden, so dass sie über die Umlage der Erschließungskosten mitbestimmen können. Damit der Plan aufgeht, müssen die Gemeinderäte zustimmen, was die Finninger in dieser Sitzung getan haben. Einstimmig.

TOP 11 – Erfassung und Pflege kommunaler Daten für den Breitbandausbau

Vordergründig geht es um die Erfassung vorhandener und geplanter Breitbandinfrastruktur durch die Bundesnetzagentur, die damit ein bundesweites Geoinformationssystem schafft, wie Bürgermeister Siegfried Weißenbach erklärte. Mangels eigener Kapazitäten soll der Dienstleister IKT beauftragt werden; Kostenpunkt ca. 700 €/Jahr. Weitere Anbieter sollen nicht gefragt werden, weil IKT bereits Leistungen erbracht hat und somit einen Wissensvorsprung hat.

Steht nicht „5G“ drauf, ist aber (unter anderem) 5G drin, vermuteten allerdings Michaela Bischof und Rainer Tief im Namen der Opposition. Sie möchten erreichen, dass die Bürger im Rahmen einer Informationsveranstaltung aufgeklärt werden, was der Bürgermeister allerdings nicht unter diesem TOP abgehandelt sehen wollte.

Bevor sich darüber ein Streit entwickeln konnte, sprang der zweite Bürgermeister Christoph Heumos in die Bresche. Seinen Vorschlag einer gemeinsam vom Bürgergremium und der Jungen Union organisierten Veranstaltung garnierte er dabei mit einer interessanten Begründung: Es sollen beide Gegenpole zu Wort kommen. Gemeint war vermutlich: Hier die 5G-Gegner, vertreten durch das Bürgergremium, dort die Befürworter, vertreten durch die JU. Ob die Welt so einfach ist?

Einstimmig beschlossen wurde dann doch noch etwas: Bei nächster Gelegenheit wird Herr Manstorfer (o.ä., von Fa. IKT) in den Gemeinderat eingeladen, um die Hintergründe der Datenerfassung zu erläutern.

TOP 12 – Kiesgrube Fl.Nr. 638 – weiteres Vorgehen

Hier winkt eine ordentliche Einnahme für die Gemeinde: Bei Verkauf des Grundstücks an Fa. Lachmayr (Option 1) knappe 700 TEUR. Bei Eigenverwertung durch die Gemeinde mit Verfüllung (Option 2) ca. 1 Mio. Bei Eigenverwertung ohne Verfüllung (Option 3) ca. 400 TEUR. Letzteres wurde als die umweltfreundlichste Variante bezeichnet. Bliebe anzumerken, dass ein Belassen im gegenwärtigen Zustand noch deutlich umweltfreundlicher wäre…

Vermutlich wird es auf ein Mittelding zwischen den Optionen 2 und 3 hinauslaufen. Christoph Heumos zeigte eine von ihm entwickelte Excel-Tabelle, mit der sich im Handumdrehen der Profit bei variierenden Parametern ausrechnen lässt. Verschiedene Gemeinderäte wiesen allerdings augenzwinkernd darauf hin, dass es bei Eigenverwertung durch eine Gemeinde erfahrungsgemäß zu 20-30% „Schwund“ kommt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ob die Excel-Formeln zu den Optionen 2 und 3 das wohl berücksichtigen?

Beschluss: Die Gemeinde verwertet das Grundstück selbst; nördlich bleibt ein Meter Schutzstreifen stehen. Einstimmig. Außerdem soll Frau Moorenweiser (o.ä.) eingeladen werden, um einen Abbau- und Verfüllplan vorzustellen.

TOP 15 – Verschiedenes

Hier brachte Stefan Hülmeyer noch einmal den Antrag der Opposition aus der ersten GR-Sitzung in Erinnerung, wonach die Niederschriften der GR-Sitzungen im Bürgerinformationssystem zwecks besserer Transparenz und Bürgernähe veröffentlicht werden sollen. Die GroKo hatte das ja am 7.5. mehrheitlich abgeschmettert. Allerdings hat die Gemeinschaftsversammlung der VG Windach am 25.5. einer Veröffentlichung ihrer Niederschriften zugestimmt, was auch an den Mitgliedern der GroKo wohl nicht spurlos vorübergegangen ist. Jedenfalls hatte ich dieses Mal den Eindruck, dass auch in Finning hoffentlich doch noch ein Weg dorthin führt. Beschluss, einstimmig: Man beschließt erst mal nichts weiter, sondern wartet die datenschutzrechtliche Stellungnahme von Herrn Schuller (o.ä., Rechtsberater des Landratsamts) ab.

Michaela Bischof rügte, dass die in der Gemeinderatssitzung am 3.3. vom Geschäftsführer des Zweckverbands Oberland zugesagte korrigierte Satzung des Zweckverbands immer noch nicht vorliegt. Der Bürgermeister vermutet Corona als Grund. Hmm.

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Dem aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein: eines der meistverwendeten Wörter in meinem kleinen (?) Bericht war EINSTIMMIG. Verfechter einer harten Opposition mögen das argwöhnisch sehen. Lassen die sich jetzt schon einlullen? Ich empfinde das eher als ein Zeichen von Vernunft und aufeinander Zugehen. Schließlich müssen unsere 12 Gemeinderäte plus Bürgermeister sechs Jahre lang zusammen arbeiten, um Mehrheiten ringen, Kompromisse schließen, nach Auswegen suchen, entscheiden. Das geht am besten, wenn man vernünftig, respektvoll und ohne Scheuklappen miteinander umgeht. Und ja, liebe Finntrachinger Gemeinderäte, Ihr dürft trotzdem manchmal auch a bisserl lauter die Stimme erheben. Manche von uns würden das, glaube ich, durchaus als Bereicherung erleben.