Zur am 5. Oktober 2020 abgehaltenen Sitzung des Bau- Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschusses war der Gemeinderat vollständig anwesend. Es wurde eingangs ein Rederecht für alle beschlossen. Der einzige TOP im öffentlichen Teil hieß „Straßenbeleuchtung – Leuchtmittel- und Leuchtentausch“.
Generell ging es um ein Angebot zum Austausch des Restbestandes an Natriumdampflampen gegen LED-Lampen, das in der Gemeinderatssitzung vom 28. Juli von den LEW präsentiert wurde (näheres hierzu findet ihr in der ausführlichen Nachlese von Matthias Francke).
Der Bürgermeister und mehrere Gemeinderäte bedauerten, dass bei der im Vorfeld stattgefundene Exkursion des Gemeinderats in das LEW Technologiezentrum Königsbrunn kein Vergleich zwischen den vom LEW angebotenen 4000 Kelvin (K) Lampen und den von einigen Gemeinderäten geforderten, wärmeren 3000 K Lampen möglich war, weil es dazu keine vergleichbaren Exponate gegeben hatte. Sibylle Reiter und Franz Boos berichteten, dass die als Referenz genannten Straßenleuchten in Kaufering mit 3000 K deutlich angenehmer empfunden wurden als die 4000 K Pendants in Schwifting. Rainer Tief plädierte dafür, dass die LEW zwei nebeneinanderstehende Laternen zum direkten Vergleich mit je einer dieser Leuchten bestücken sollten. Albert Boos ergänzte, dass ginge erst, wenn der bestehende Vertrag in 4 Jahren ausläuft. Außerdem merkte er an, dass die Kosteneinsparungsberechung der LEW auf 12 Jahre ausgelegt sei. Fritz Ostner verwies auf die CO2 Einsparung, die für einen Austausch sprechen würde. Dem entgegnete A. Boos, dass ein vorzeitiges Austauschen von Leuchtmitteln, die noch eine Lebensdauer von vier Jahren hätten, eine zusätzliche CO2 Belastung bedeuten würde, zumal nicht nur die Leuchtmittel, sondern gleich die ganze Lampe ersetzt werden müsste. Stefan Hülmeyer hat generell etwas dagegen, gute noch funktionstüchtige Dinge einfach wegzuschmeißen. Fritz Ostner fand es auch schade, dass kein direkter Vergleich möglich war, konnte aber bei einer genannten Referenzlampe in Hofstetten keinen subjektiven Unterschied feststellen. Er verwies noch mal auf das Einsparungspotential von 7.600 Euro an Stromkosten pro Jahr und darauf, dass ohnehin einige Leuchtmittel getauscht werden müssten. Außerdem hätte sich noch keiner über die bisher installierten 4000 K Lampen beschwert. Michaela Bischof entgegnete, sie hätte mit einem Anwohner neben besagter Straßenlaterne in Hofstetten geredet und dieser hätte das Licht als sehr hell und unangenehm beschrieben. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass eine Dauerbelastung mit kaltem Licht auf Dauer zu gesundheitlichen Schäden führen kann, was in einem im Vorfeld mit dem GR geteilten Fernsehbeitrag vom BR¹ recht deutlich zum Ausdruck gekommen sei. Außerdem hätte S. Reiter auch noch ein gutes Fallbeispiel aus Peißenberg² verschickt.
Wilhelm Perutz wies darauf hin, dass bereits einige Straßenzüge bereits umgerüstet worden seien, und zwar um die 40%. R. Tief und S. Reiter schlugen vor, die 4 Jahre bis Ablauf des Vertrags zu nutzen ein ordentliches Lichtkonzept zu erstellen, das zudem förderungswürdig sei. Als positives Beispiel verwies er auf einen Filmbeitrag³, in dem von zwei Kommunen in Österreich in vergleichbarer Größe zu Finning berichtet wird, die sich intensiv mit dem Thema Licht auseinandergesetzt haben und eine einvernehmlichen Lösung erarbeitet haben. Er schlug vor hierzu eine Bürgerbeteiligung in Form einer Unterschriftenliste vor. Für Siegfried Weißenbach käme das nicht in Frage, da sonst jeder mit Sonderwünschen kommen würde. Er ergänzte, dass bevor das ganze Thema diskutiert wurde, niemanden aufgefallen sei, dass bereits einige Lampen umgerüstet wurden. Beate Moser war der Meinung, dass es ein einheitliches Gesamtbild im Dorf geben sollte und nachdem man bereits einen Teil auf 4000er Lampen umgerüstet hat, sollte man auch dabeibleiben. Darauf erwiderte M. Bischof, dass man bloß, weil man einmal einen Fehler gemacht habe, diesen nicht zwingend wiederholen müsse. Außerdem wäre das eine Entscheidung, mit der man die nächsten 20 bis 30 Jahre leben muss und das Thema Insektenschutz und gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen wurde noch gar nicht in die Erwägungen mit einbezogen. F. Boos bemängelte die Vorgehensweise der LEW, da sie bei der Wirtschaftlichkeitsrechnung zwei nicht direkt vergleichbare Kurven verwendet haben und dass sie mit einer Art Salamitaktik versuche, die bestehende Vertragslaufzeit auszuhebeln. Der Bürgermeister berichtete, dass er bereits ein Angebot für 3000 K Lampen bei den LEW angefordert hätte. Auch Manfred Gläserke forderte den Vertrag weiterlaufen zu lassen, da er auch nicht richtig findet Funktionierendes wegzuschmeißen. Er verwies aber auch darauf, dass die 4000er Lampen eine höhere Stromersparnis gegenüber den 3000er Pendants hätten. Auf die Frage, wie lange man noch Zeit hätte sich zu entscheiden, antwortete der Bürgermeister bis November.
F. Ostner unterstützte R. Tiefs Vorschlag erst mal zwei Referenzleuchten nebeneinander zu installieren, um eine valide Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Daraufhin schlug Markus Schlögl vor, einen Beschluss zu fassen, drei bestehende 4000er Leuchten am Raiffeisenweg durch 3000er Pendants zum direkten Vergleich auszutauschen, notfalls auch auf eigene Kosten. Hier können sich dann alle GRs und die Bürger ein eigenes Bild machen.
Der Beschlussvorschlag wurde einstimmig angenommen.
¹
Lichtverschmutzung – Die dunkle Seite des Lichts
BR Fernsehen | 29.01.2020, 22:00 Uhr | 43 Min
²
Schlaflos in Peißenberg: Neue Laternen machen die Nacht zum Tag
BR Fernsehen | 13.02.2020, 20:15 Uhr | 5 Min
³
Licht im Einklang mit Mensch und Natur – Zukunftsweisende Außenbeleuchtung statt Lichtverschmutzung
landooetv | 25.09.2018 | 11:14 Min
Interessante Links zu diesem Thema:
Leitfaden zur Eindämmung der Lichtverschmutzung
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
Seit Inkrafttreten des Volksbegehrens Plus zum Artenschutz am 1. August 2019 gelten in Bayern für Lichtemissionen neue Vorschriften. Dieser Leitfaden gibt ergänzend konkrete Empfehlungen und Beispiele für Beleuchtungskonzepte. Er behandelt den Bereich der Straßen- und Wegebeleuchtung ebenso wie Außenbeleuchtung, etwa Lichtwerbung und die Beleuchtung öffentlicher Gebäude, Fassaden und Schaufenster.
Lichtsmog
Ein Gastbeitrag im Netzwerk Dorfökologie von Klaus Gottschaldt vom LBV Starnberg
Die Diskussion um die richtige Farbtemperatur findet seit einiger Zei in vielen Gemeinden statt. Dabei wird immer wieder erklärt, es gäbe keine Beschwerden von Bürgern gegen 4000 Kelvin LEDs, während sich zeitgleich genau diese Beschwerden in verschiedensten Gemeinden häufen – oft auch in der eigenen. Wenn dann die LEDs noch mit derselben Beleuchtungsstärke wie die Natriumdampflampen eingestellt und schlecht abgeschirmt werden, ist das auch kein Wunder, denn je höher die Farbtemperatur, desto heller erscheint das Licht dem Betrachter.
Es gibt auf dem Markt bereits 3000 Kelvin LEDs, die vom Energieverbrauch mit den 4000 K vergleichbar sind, und wenn dann noch die Beleuchtungsstärke gesenkt wird ist der Energieverbrauch kein Thema mehr. Sehr wichig und leider auch oft vergessen ist die Frage, wohin die Leuchte strahlt. LEDs lassen sich hervorragend auf die Straße ausrichten, ohne in die Privatbereiche der Anwohner einzudringen.
Mit guter Lichtplanung lässt sich energie-effizientes, insektenschonendes und blendarmes Licht erzeugen. Wenn Gemeinden allerdings nur auf Werte aus der Norm pochen und sich auf die theoretische Energieeffizienz einer Lampe fokusieren, kann der Versuch der umweltfreundlichen Beleuchtung nicht funktionieren.
Informationen zu nachhaliger und umweltfreundlicher Beleuchtung findet sich im Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtungsanlagen des Bundesamts für Umwelt. Hier werden 3000 Kelvin empfohlen, zusätzlich zu anderen, eigenlich noch wichtigeren Kriterien für eine gute Straßenbeleuchtung.
https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/Skript543.pdf
Liebe Frau Krop-Benesch,
vielen Dank für ihre aufschlussreichen Kommentare! Der von ihnen geteilte Leitfaden vom BfN ist eine gute Basis für die weitere Diskussion zu diesem Thema im Gemeinderat. Ich werde ihn umgehend an die Mandatsträger in unserer Gruppe weiterleiten!
Liebe Frau Krop-Benesch,
vielen Dank für Ihren Kommentar und den Leitfaden. Ich bin bei meinen Recherchen zu genau diesem Ergebnis gekommen – immer mehr Bürgerinnen und Bürger sind unzufrieden mit den 4000K-LED-Leuchten. Daher ist Ihre Info hilfreich, dass es am Markt 3000Kelvin-LEDs gibt, die vom Energieverbrauch mit den 4000Kelvin-LEDs vergleichbar sind. Wissen Sie, wie das mit den Preisen aussieht, sieht diese Leuchten teurer?
Mit herzlichem Gruß, Sibylle Reiter
Liebe Frau Reiter,
grundsätzlich sind die 3000 Kelvin LEDs von den Herstellern her nicht teurer, es kann aber durchaus sein, dass ein Anbieter die 4000 K günstiger anbietet, da sie in größerer Stückzahl verkauft werden.
Beim Thema Kosten ist auch zu bedenken, wie gut nachgebessert werden kann, also wie viele Kosten entstehen, weil sich Anwohner beschweren und dann Blendschutz oder Dimmer eingebaut werden muss. Immer mehr Anwohner beschreiten den Rechtsweg und finden Verständnis bei den Richtern.
Herzliche Grüße, Annette Krop-Benesch
Liebe Frau Krop-Benesch,
vielen Dank für Ihre Antwort – sehr hilfreich!
Herzliche Grüße!
Sibylle Reiter
Ich würde es für wichtiger halten, uns über das Aussehen und die Leuchtcharakteristik zu unterhalten, statt die Diskussion auf die Frage zu beschränken, ob es 4000 oder doch besser 3000k sein sollten. Die Lampen werden das Erscheinungsbild des Ortes für mind. die nächsten 20 Jahre prägen. Da sollte man einfach schön anzusehende Leuchten, anstatt Lampen die für die Ausleuchtung von Parkplätzen und Industriegebieten konzipiert worden sind, anschaffen. Was nützten 3000k wenn die Lampe in alle Richtungen leuchtet und obendrein richtig hässlich ist.
https://www.lighting.philips.de/prof/aussenleuchten/strassen-und-stadtbeleuchtung/strassen-und-stadtleuchten/lumistreet-gen2
Erstaunlich, wie schnell sich Ansichten ändern können und könnten Die Befürworter von grellweißem Licht (>3.000K), führen offensichtlich einen Glaubenskrieg für die Überbeleuchtung, ohne das Gesamtpaket Umwelt zu betrachten. Zum Glück wächst aber die Erkenntnis, dass weniger mehr ist, weniger Helligkeit und weniger Kelvin. Auch die amtlichen Vorgaben sehen das inzwischen so, siehe Bay. Umweltministerium aktueller „Leitfaden zur Eindämmung
der Lichtverschmutzung – Handlungsempfehlungen“.
für Kommunen
Sehr geehrter Herr Francke,
Sie haben völlig Recht, dass die Farbtemperatur nicht das einzig Wichtige ist. Heutige Leuchten sollten den Gegebenheiten angepasst werden, so dass das Licht nur dorthin leuchtet, wo es gebraucht wird, also auf die Straße statt in Haus und Garten. Dazu kommt eine sinnvolle, nicht zu helle Beleuchtungsstärke. Attraktive oder unauffällige, blendarme Leuchten gibt es sowohl für 3000 wie auch für 4000 Kelvin, bei 3000 Kelvin wird das Licht angenehmer fürs Auge. Es ist das Gesamtpaket, was eine gute Beleuchtung ausmacht. Leider kommt gute Lichtplanung oft zu kurz, wenn es nur um Kosten und Energieeffizienz der einzelnen LED geht, statt um gute, bürgergerechte Beleuchtung.
Ach ja, ich vergaß: Lampen sind die Dinger ind en Leuchten, die das Licht liefern. Leuchten sind die Verpackung für die Lampen im Betrieb und tagsüber. Und LED-Lampen gibt es auch. Die sind billg aber nicht preiswert. Und gar kein beitrag zu Umwelteffizienz.
Hallo Matthias,
was wäre denn eine schöne Straßenlampe für Dich? Evtl. kannst Du hier mal einen Link mit einem guten Beispiel einkopieren? Die Lumistreetgen2 in Deinem Link oben gefällt mir persönlich nicht, sie wirkt etwas industriemäßig.
HG, Sibylle