In der Gemeinderatssitzung am 23. Februar 2021 führte gleich der erste Tagesordnungspunkt zu einer intensiven Grundsatzdiskussion um den Erhalt des Ortsbildes. Konkret ging es um einen Bauantrag für ein Einfamilienhaus in St. Sebastian, das mitten im alten Dorfkern von Oberfinning und dem geplanten Sanierungsgebiet liegt, das im Interkommunalen Entwicklungskonzept, kurz IKEK, erarbeitet wurde.

Sibylle Reiter findet, dass der Entwurf nicht ortstypisch sei und eher in ein Neubaugebiet passe, als ins Ortszentrum. Ihr wäre bei der Zustimmung zu dem Vorhaben wohler, wenn da noch mal ein Stadtplaner drüberschauen würde, auch wenn ihr bewusst sei, dass man laut § 34 Baugesetzbuch keine rechtliche Handhabe dafür habe.

Der Bürgermeister entgegnete, da könne man nichts machen und ein Stadtplaner wäre mit Kosten für den Bauwerber verbunden. Das könne ja die Gemeinde zahlen erwiderte Sibylle Reiter, denn die Bauwerber könnten ja schließlich nichts dafür, dass die Gemeinde beim Sanierungsgebiet im Verzug sei. Hätte man schon eine Sanierungssatzung, würde diese Beratung durch einen Stadtplaner staatlicherseits gefördert und bezahlt. Fast alle umliegenden Gemeinden hätten schon eine Sanierungssatzungen beschlossen und Städteplaner beauftragt, in Finning sei das leider noch nicht passiert..

Franz Boos betonte, das Bauvorhaben liege in einem von IKEK als sensibel eingestuften Gebiet. Man sollte die Bauwerber dabei unterstützen, bei ihrer Planung die örtlichen Gegebenheiten mit einzubeziehen. Es ginge hier nicht gegen die Bauwerber, sondern darum gemeinsam etwas für das Dorf zu bewirken.

Rainer Tief betonte, man habe schließlich eine fünfstellige Summe für IKEK ausgegeben. Auch wenn es nicht zwingend ist, könne man doch bereits jetzt Erkenntnisse in die Planung einfließen lassen. Man könnte durchaus auf Gemeindekosten einen Planer mit einschlägiger Expertise hinzuziehen.

Siegfried Weißenbach erklärte, man habe halt noch kein Sanierungsgebiet, da aufgrund von Corona eine Bürgerbeteiligung derzeit nicht möglich sei.

Fritz Ostner wies darauf hin, dass so etwas ohnehin nur auf freiwilliger Basis möglich sei und es ja auch einen terminlichen Druck gebe, der einer Planungsunterstützung entgegenstehen würde. Wenn die Bauwerber dagegen wären, könne man eh nichts machen. Franz Boos entgegnete, ein Bauwerber könne auch nachträglich noch eine Tektur einreichen.

Michaela Bischof machte klar, dass es sich um eine exponierte Stelle im Dorf handle, auf der das Gebäude geplant sei. Wenn man die Hauptstraße hinunter käme, fährt man direkt auf des Haus zu. Auch sie verorte den geplanten Baustil eher in ein Neubaugebiet.

„Jede Generation hat andere Geschmäcker“, argumentierte Manfred Gläserke und so ändere sich halt auch das Ortsbild im Laufe der Zeit. „Wir reden hier über den alten Ortskern“, widersprach Michaela Bischof. Sibylle Reiter bestätigte das und ergänzte, dass es sich um ein sehr sensibles Gebiet handle, an dem täglich viele Finninger vorbeikommen. Es gebe zudem auch den Artikel 14 Absatz 2 im Grundgesetz in dem steht: „Eigentum verpflichtet“.

Es gehe hier nicht um Geschmack, so Rainer Tief. Man wolle nur einen Bauwerber bitten, sich von einem einschlägigen Planer städtebaulich beraten zu lassen.

Der Bürgermeister betonte, die Bürger würden das geplante Sanierungsgebiet nicht kennen.

Anmerkung des Autors: Die IKEK-Pläne für das Sanierungsgebiet wurden im Rahmen einer Veranstaltung zur interkommunalen Zusammenarbeit im Alten Wirt Eresing, sowie einer Veranstaltung im Staudenwirt öffentlich vorgestellt.

Fritz Ostner sagte, es ginge nicht um die zwei Stunden Beratung. Aber falls es zu einer Umplanung kommt, würde es für den Bauwerber teuer werden.

Franz Boos bekräftigte, dass die Gemeinde in diesem Fall Geld dann halt in die Hand nehmen müsse. Er brachte, sichtlich emotional, noch ein anschauliches Beispiel, das ich hier sinngemäß wiedergebe: „Die Bürger*innen legen viel Wert auf Traditionen, aber wenn wir so weitermachen, dann führt der Fronleichnamsumzug bald durch ein Neubaugebiet und Finning verliert seinen einzigartigen Charakter!“

Der Bürgermeister wiederholte abermals, man könne hier nichts machen. Rainer Tief erwiderte, dass es hier lediglich um eine unverbindliche Bitte an den Bauwerber ginge, sich von einem einschlägig versierten Planer beraten zu lassen. Auch Fritz Ostner war der Meinung, dass man es probieren könne.

Die Diskussion wurde noch eine zeitlang, teilweise sehr emotional geführt. Das zeigt, dass sich hier einiges an Unmut angestaut hat, was die, aus Sicht einiger Gemeinderäte, begangenen Bausünden in den Ortskernen von Ober- und Unterfinning in den letzten Jahren betrifft. Explizit genannt wurden Neubauten in der Obergasse und einer unterhalb der St. Sebastian Kapelle. Beides an Stellen, die neben dem Baugebiet beim Kramer ausdrücklich im IKEK-Bericht als in der Bauweise typisch für Finning und damit das Ortsbild prägend beschrieben wurden.

Wilhelm Perutz schlug vor, die Frage mit dem Planer als eigenen Punkt zu beschließen.

So wurde letztendlich dem Bauvorhaben einstimmig zugestimmt. In einer weiteren Abstimmung wurde mit 7 zu 5 Stimmen das gemeindliche Einvernehmen mit der Bitte erteilt, die Pläne von einem Dorfplaner (einschlägiges Architekturbüro) überprüfen zu lassen. Die Kosten im Gegenwert von zwei Stunden würde die Gemeinde übernehmen. Sibylle Reiter schlug dafür das Büro Hummel-Kraus vor, das bereits in anderen Gemeinden im Landkreis aktiv sei und auch Finning gut kenne.

Die weiteren Tagesordnungspunkte, die in dieser Sitzung verabschiedet wurden möchte ich hier nur kurz auflisten. Falls diese bereits in Fachausschuss- oder vorherigen Gemeinderatssitzungen ausführlich beraten und in diesem Blog beschrieben wurden, wird darauf verwiesen.

Dem Antrag auf Kiesabbau und Verfüllung in der gemeindlichen Kiesgrube wurde einstimmig stattgegeben. Hierzu wurde bereits im Beitrag „Ökokonto und Nitratgehalt“ vom 18. Juni 2020 unter dem Absatz „Vorstellung des landschaftspflegerischen Begleitplans für die gemeindliche Kiesgrube“ ausführlich berichtet.

Die Anträge zur Beschaffung für die Feuerwehren Entraching und Finning wurden nach ausführlicher Prüfung einstimmig bewilligt.

Der Haushaltsplan 2021 wurde, nachdem ihn der Kämmerer der VG vorgestellt hatte, ebenfalls einstimmig bewilligt.

Zum Thema Lampentausch erklärte Siegfried Weißenbach, dass die VG, wie in der letzten Sitzung des Bauuaschusses beantragt, überprüft hat, ob die Vorgehensweise, laufende Verträge zur Halbzeit durch einen neuen Vertrag zu verlängern, rechtskonform sei. Die VG sei zu dem Schluss gekommen, dass dies der Fall sei, da es nicht um einen neuen Vertrag, sondern lediglich um eine Ergänzung gehen würde, die keine Vertragsverlängerung nach sich ziehe. Der Tausch von Leuchtmitteln in den Straßenlaternen wurde mit 8 zu 5 Stimmen verabschiedet. Die neuen Leuchtmittel haben eine Farbtemperatur von 3000 Kelvin (Warmlicht), so wie es in der Bauausschusssitzung vergangene Woche vorgeschlagen wurde. Interessierte Mitbürgerinnen und Mitbürger können bereits jetzt zwei dieser Leuchtmittel in den letzten beiden Straßenlaternen an der Sonnenstraße am Ortsausgang Unterfinning Richtung Schwifting mit den daneben stehenden, kälteren 4000 Kelvin Lampen vergleichen.

Hierzu gibt es bereits mehrere Beiträge aus vorherigen Sitzungen: